Mit der Liveperformance You do not walk alone knüpft Daniel Beerstecher an mein Projekt Walk in Time aus dem vergangenen Sommer an, bei dem er einen Marathon der Entschleunigung gegangen ist. 42,2km ist er im extremen Slow-Walk gelaufen und hat dafür insgesamt 60 Tage gebraucht. Mit einem Tempo von ca. 120m in der Stunde, hat er sich langsam, 6 Stunden pro Tag, fortbewegt. Teil des künstlerischen Konzeptes war, dass er über den gesamten Zeitraum alle Vital-Daten und ein Live-Bild seines Sichtfeldes im Internet veröffentlichte. Ein wichtiger Aspekt der Arbeit war, das Zusammenkommen von Entschleunigung, digitaler Daten-Produktion und Überwachung. Eine Überschneidung von Beschleunigung und Entschleunigung. Wie reagieren die Fitness-Tracker auf den verlangsamten Puls? Können die Geräte, die für Schnelligkeit und Aktivität ausgelegt sind, in der Langsamkeit überhaupt etwas erfassen?
Nehmen Sie sich die Zeit und besuchen Sie die Webseite: walk-in-time.de. Hier finden Sie auch alle Videos, von jedem Tag, den ich meinen Slow-Walk Marathon gelaufen bin.
Eine wichtige Erkenntnis des Projektes war die Auswirkungen der inneren Ruhe, die sich durch das langsame Gehen bei Daniel Beerstecher einstellt. Der ganze Stress der Planung, dass immer Vorausdenkende, das kontinuierliche Grübeln setzte mit der Zeit aus. Irgendwann dachte er morgens nicht mehr an die gesamten 6 Stunden, sondern ging einfach los. Die Meditation führte dazu, dass er jeden Schritt mit Bedacht machte und die Unsicherheit der Zukunft ausblendete. Trotz der extremen Wetterlagen (Hitze-Rekorde im letzten Sommer), Regen und Kälte, Medien-Berichte oder Zuschauer am Wegesrand - fand er innere Ruhe. Diese Erfahrung hat er in seiner letzten Ausstellung Aus der Zeit (http://atelierkirche.de) genutzt um einen Raum zu schaffen, der aus der Zeit fällt und in dem die Besucher eine andere Geschwindigkeit erleben konnten.
